Logos

Zusammenschnitt in Stereo-Reduktion

 

Alle westeuropäischen Sprachen gehen in ihrer Grammatik von einer Trennung zwischen Subjekt und Objekt aus. Kein Satz kann gebildet werden, ohne dass ihm die Idee eines eigenständig existierenden Handlungsträgers zu Grunde läge, der entweder für sich allein handelt („Ich freue mich.“ / „Es schneit.“) oder sich in Beziehung zur Welt setzt („Ich liebe dich.“ / „Es gibt Schnee.“).

Das Interessante an dieser Tatsache ist, dass Aussagen wie „Ich lebe im Einklang mit der Welt“ von ihrer Struktur her das Gegenteil dessen zum Ausdruck bringen, was sie inhaltlich aussagen: Inhaltlich wird eine Einheit von Sprecher und Welt gezeichnet, grammatisch stehen sich Sprecher und Welt aber kontradiktorisch gegenüber.

In der Komposition Logos habe ich probiert, dieses Dilemma zu überwinden: Sowohl die semantisch verständlichen Elemente als auch die musikalische „Umwelt“, in der sie auftauchen sind aus ein und demselben Material, nämlich aus der Stimme des Sprechers Lee W. Knosher, der einige Passagen aus wissenschaftlichen Arbeiten von George Lakoff (kognitive Linguistik, University of Berkley)* und Mark Johnson (Philosophie, Universitiy of Oregon)* vorgelesen hat. Das Mikrofon lief während der gesamten Aufnahmesession mit, so dass am Ende sowohl die intendierten Texte auf dem Band waren als auch Versprecher, Kommentare, Anmerkungen und Gelächter aller Beteiligten, die zwischendurch den Raum betraten.
Den Schluss des Stückes bildet nicht-sprachliches Material, welches nicht weiter kommentiert werden muss.

* Lakoff, G. /Johnson, M (1999): „Philosophy in the Flesh. The embodied mind and its challenge to western thought.“ Basic Books.
Lakoff, G (1987): „Women, Fire, and Dangerous Things. What Categories Reveal about the Mind.“ University of Chicago Press

 

Produziert am ICEM